Heterologe Insemination von der Steuer absetzbar

Positives Urteil für Paare in ivf-Behandlung mit Spendersamen

Heterologe Insemination von der Steuer absetzbar

Das Finanzgericht Niedersachsen hat im Mai dieses Jahres einem Ehepaar Recht gegeben, das – ganz entgegen der bisherigen Praxis – die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung mit Spendersamen als „außergewöhnliche Belastungen“ in der Einkommensteuererklärung 2006 geltend machen wollte (FG Niedersachsen, 05.05.2010 – 9 K 231/07).

Der Ehemann war nicht in der Lage, auf natürlichem Wege eigene Kinder zu zeugen. Die Behandlung hatte das Paar über 20.000 Euro gekostet, eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse war nicht erfolgt.

Bisher gängige Rechtsprechung
Bei seiner Ablehnung des Steuerabzugs hatte das zuständige Finanzamt so argumentiert, dass die Kinderwunschbehandlung mit Spendersamen nicht zur Überwindung einer Krankheit diene und daher die medizinische Notwendigkeit nicht gegeben sei.

Anders bewerten die Finanzämter den Fall der Befruchtung von Eizellen einer Frau mit Samen ihres Lebenspartners (homolog): Bei erfolgreicher Behandlung entsteht hierbei ein genetisch eigenes Kind, die Krankheit gilt dem Fiskus somit als überwunden. Kosten für die homologe Befruchtung sind laut Urteil des Bundesgerichtshofs steuerlich abzugsfähig (BGH, 03.03.2004 – IV ZR 25/03). Die Kinderwunschbehandlung mit Samen des Lebenspartners gilt seither als Heilbehandlung.

Kehrtwende in der Rechtsprechung
Welche Situation liegt bei der Kinderwunschbehandlung mit Spendersamen vor ? Weil statt des unfruchtbaren Mannes seine gesunde Partnerin behandelt wird, wurde bisher davon ausgegangen, dass die Behandlung mit Spendersamen nicht als Heilbehandlung gelten kann. Auch kommt es nicht zu einer Verbesserung des Krankheitsbildes selbst, da dem unfruchtbaren Mann kein genetisch eigenes Kind entsteht. Der Bundesfinanzhof stellte in einem Urteil von 1999 (III R 46/97) explizit darauf ab, dass eine künstliche Befruchtung der weiblichen Eizelle mit Samen eines Dritten eben keine Heilung oder Linderung der Krankheit des Mannes herbeiführt.

Dieser Logik hat das Finanzgericht Niedersachsen jetzt widersprochen und setzt die künstliche Befruchtung unabhängig von der Herkunft des verwendeten Samens steuerlich auf eine Ebene. Ein ungewollt kinderloses Paar befindet sich nach Ansicht des Finanzgerichts in der gleichen Zwangslage, egal, welcher der Partner unfruchtbar ist. Die nach erwiesener Unfruchtbarkeit des Mannes durchgeführte Insemination mit Spendersamen sei als Teil einer auf das spezielle Krankheitsbild des Ehemanns abgestimmten, medizinisch indizierten und ärztlich zulässigen Heil- und Therapiemaßnahme anzusehen, die mit dem Ziel durchgeführt werde, die Krankheitsfolgen (ungewollte Kinderlosigkeit) abzumildern. Die Gesamtbehandlung diene der Linderung oder Abschwächung der Krankheitsfolgen der Zeugungsunfähigkeit, so das Finanzgericht. Darauf, dass der körperliche Defekt nicht beseitigt wird, komme es nicht an.

Zusammenfassung:
Betroffene Paare können die Kosten für ihre Kinderwunschbehandlung mit Spendersamen demnach als außergewöhnliche Belastung geltend machen und bei ablehnendem Bescheid unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen (FG Niedersachsen, 05.05.2010 – 9 K 231/07) Einspruch einlegen.