Fragen und Antworten zum „Auskunftsrecht für Kinder nach einer Samenspende“
Worum ging es in dem Urteil eigentlich genau?
Am 28.01.2015 verkündete der Bundesgerichtshof ein Urteil zum „Anspruch des Kindes auf Auskunft über Identität des anonymen Samenspenders“. Die Presseerklärung des BGH finden Sie HIER.
Was war der Sachverhalt?
Zwei Schwestern (12 und 17 Jahre alt) waren vor Gericht gezogen. Beide entstammen einer Samenspende-Behandlung und verklagten den behandelnden Arzt (vertreten von ihren Eltern) auf Herausgabe von Informationen zum Samenspender.
Wie hat der Bundesgerichtshof entschieden?
Die Richter haben entschieden, dass Ärzte und Samenbank-Betreiber im Einzelfall für ein Spenderkind entscheiden müssen, ob es Informationen über seinen Spender erhalten darf. Ein bestimmtes Mindestalter des Kindes ist dafür laut BGH nicht erforderlich. Das Urteil besagt zudem, dass die Ärzte die rechtlichen Belange abwägen müssen – auch die des Samenspenders. Überwiegen die Interessen des Kindes, so muss es Auskunft erhalten.
Müssen Samenspender wegen des BGH-Urteils akut befürchten, nun Unterhalt an Spenderkinder zahlen bzw. sie im Erbschaftsfall berücksichtigen zu müssen?
Nein. Dieser Eindruck wurde in den Medien zwar verbreitet. Er ist jedoch falsch. Denn: Spenderkinder sind Wunschkinder. Sie haben Eltern – meist Vater und Mutter –, die sie nicht nur auf- und erziehen, sondern auch unterhalts- und erbrechtlich versorgen. Das ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt.
Damit Spenderkinder Unterhalt von einem Samenspender fordern KÖNNTEN, müssten Sie in der Theorie folgende Schritte einleiten:
• Sie müssten die Vaterschaft ihres sozialen Vaters, also des Mannes, der sie aufgezogen hat, anfechten.
• Im nächsten Schritt müssten Sie den Samenspender als Vater feststellen lassen und
• dann Unterhalt fordern.
Bei über 100.000 Spenderkindern in Deutschland ist noch NIEMALS ein solcher Fall vor Gericht verhandelt worden. Theoretisch möglich gewesen wäre dies aber schon immer – also bereits vor dem aktuellen Urteil des BGH.
Warum brauchen wir überhaupt Samenspender?
Viele Paare können nur mit Hilfe einer Samenspende ein Kind bekommen, weil der Mann keine Samenfäden bilden kann. Samenspender helfen anderen Menschen, den Wunsch nach einem eigenen Kind zu verwirklichen. Sie verdienen hierfür höchsten Respekt. Die Erlanger Samenbank hat darauf in einer Aufklärungskampagne hingewiesen.
Was muss sich in Zukunft ändern?
Die Regierung muss Gesetze verabschieden, die auch das theoretische Risiko ausschließen, dass Samenspender zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden. In vielen europäischen Nachbarländern gibt es solche Gesetze bereits. Nicht der Samenspender ist Vater des Kindes, sondern der Mann, bei dem das Kind aufwächst. Der Mann, der das Kind auf- und erzieht. Dieser Tatsache sollte der Gesetzgeber umgehend Rechnung tragen. So würde nicht nur für die Samenspender Sicherheit geschaffen, sondern auch für die sozialen Väter und deren theoretisches Risiko einer Anfechtung der Vaterschaft.