Appell: Rechtssicherheit schaffen für Spenderkinder und Spender

Vier Forderungen an den Gesetzgeber!

Nach dem Urteil im Sarah-Prozess – viele Fragen dennoch offen

1990 wurde mit Hilfe der Samenbank in Essen das Spenderkind Sarah durch eine zu diesem Zeitpunkt übliche, anonyme Spendersamenbehandlung gezeugt. Im Prozess um die Herausgabe der Identität dieses Spenders hat das OLG Hamm am 6. Februar 2012 entschieden, dass Sarah grundsätzlich einen Anspruch auf Kenntnis ihrer biologischen Abstammung hat. Wir stimmen zu!

Der leitende Arzt gibt allerdings an, nicht mehr im Besitz der Unterlagen über die Spenderidentität zu sein. Ob der Kollege durch die mögliche Vernichtung der Spenderunterlagen gegen geltendes Recht verstoßen hat, ist zu bezweifeln. Zu dem Zeitpunkt der Zeugung von Sarah Anfang der 90er Jahre bestanden keine eindeutigen Rechtsvorschriften, die behandelnde Ärzte dazu verpflichteten, Behandlungsunterlagen länger als 10 Jahre aufzubewahren.

Zwar wurde damals – nahezu zeitgleich – in mehreren Gerichtsurteilen die Auffassung vertreten, dass Kinder Anspruch auf Kenntnis ihrer genetischen Abstammung haben. Nur wurden diese Urteile niemals im Zusammenhang mit einer Spendersamenbehandlung gesprochen. Sollte der Leiter der Essener Samenbank gegen das Urteil auf verpflichtende Herausgabe der Spenderdaten an Sarah in Revision gehen, so könnte der Fall an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet werden und dort endgültig entschieden werden.

Der Fall weist nicht nur auf das damalige Versäumnis des Gesetzgebers hin, eine eindeutige Rechtslage zu schaffen – auch heute sind Nachbesserungen im Sinne von Spenderkindern und Spendern dringend geboten.

Position der Erlanger Samenbank: Transparenz hat höchste Priorität

Die Erlanger Samenbank wurde 2003 gegründet und ist somit eine der jüngsten Samenbanken in Deutschland. Von Anfang an war es unser Ziel, die Rechte von Wunscheltern und Spenderkindern, aber auch der Spender selbst in gleichem Maße zu achten und zu gewährleisten. Transparenz in allen Fragen der Dokumentation, Vertragsgestaltung und Aufklärung gehören neben höchsten Ansprüchen an die Samenqualität zum Selbstverständnis der Erlanger Samenbank.


So haben wir von Beginn an alle Spender intensiv darüber aufgeklärt, dass ihnen keine Anonymität zugesichert werden kann. Alle Spender der Erlanger Samenbank sind bereit, sich zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Kind – spätestens ab dessen Erreichen des 18. Lebensjahrs – zu treffen, sollte das Kind diesen Wunsch äußern.


Die meisten Spender sehen dies nicht als lästige Pflicht, sondern als Selbstverständlichkeit und sind gerne dazu bereit. Einige Spender haben ihre Bereitschaft erklärt, bereits vor dem 18. Lebensjahr in persönlichen Kontakt mit dem Kind zu treten – oder in zunächst anonymen Briefkontakt durch Vermittlung der Erlanger Samenbank.

Wie soll der Kontakt zwischen Spender und Kind hergestellt werden?

Wie viele Kinder später ihren Spender kennenlernen wollen, kann heute niemand mit Sicherheit sagen. Voraussetzung hierfür ist immer, dass die Eltern ihr Kind über die besonderen Umstände seiner Zeugung aufgeklärt haben.


Wir ermutigen Eltern dazu, ihr Kind bereits im Vorschulalter mit Hilfe eines besonderen Kinderbuches über die Spendersamenbehandlung aufzuklären.


Wendet sich ein Kind später mit dem Wunsch, den Spender kennenzulernen, an die Erlanger Samenbank, so werden wir den Spender schriftlich über das Anliegen des Kindes informieren. Wir werden darüber hinaus ein Treffen von Spender und Kind in unseren Räumen organisieren, auf das sich beide auch psychologisch vorbereiten können. Sollte der Spender es wünschen, so kann vorab ein Vaterschaftstest durchgeführt werden. Bei dem Treffen müssen weder Spender noch Kind ihre Identität darlegen.

 „Erlanger Notarmodell“: 100 Jahre Dokumentation zur Zuordnung von Spendern und Kindern

Um die Dokumentation von Spendern und deren Kindern lebenslang zu sichern, haben wir bereits zum Zeitpunkt unserer Gründung 2003 zusammen mit dem Erlanger Notar Dr. Alexander Martini ein Dokumentationssystem entwickelt, das für 100 Jahre die sichere Zuordnung von Samenspendern und Kindern ermöglicht.

Das „Erlanger Notarmodell“ ist das erste Dokumentationsmodell zur Spendersamenbehandlung in Deutschland und hat somit Vorbildcharakter. Es wurde sowohl von der Bayerischen Landesärztekammer als auch der Bundesärztekammer nach Prüfung als mit den Richtlinien zur Durchführung der assistierten Reproduktion vereinbar bewertet.

Appell an den Gesetzgeber

Somit hat die Erlanger Samenbank auf eigene Initiative Sicherheit für Spenderkinder geschaffen, über die Identität ihrer Spender jederzeit Auskunft erhalten zu können. Alle unsere Spender handeln in dem vollen Bewusstsein, dass ihre Anonymität dort Grenzen hat, wo die Auskunftsrechte der Kinder beginnen. So weit uns dies als Rechtslaien erlaubt ist, weisen wir auch auf weitere rechtlich relevante Fragestellungen hin.

Auf Seiten des Gesetzgebers bleibt umso mehr zu tun, um der Samenspende in Deutschland einen für alle Beteiligten sicheren Rahmen zu geben.

  1. Wir fordern, dass die Dokumentation von Daten zu Spendern und deren Kindern nicht weiter Privatsache der behandelnden Ärzte oder Samenbanken bleibt, sondern in eine staatlich finanzierte Einrichtung übertragen wird (z.B. ähnlich dem deutschen Krebsregister).
  2. Wir fordern, dass der Gesetzgeber regelt, in welcher Form Spenderkinder das Auskunftsrecht über ihre genetische Herkunft wahrnehmen können.
  3. Wir fordern, dass Samenspender gesetzlich vor Unterhaltsforderungen von Müttern oder Spenderkindern geschützt werden.
  4. Wir fordern, dass lesbische Paare in eingetragener Lebensgemeinschaft bei der Spendersamenbehandlung verschiedengeschlechtlichen Paaren rechtlich gleichgestellt werden, da wissenschaftlich bewiesen ist, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen ebenso glücklich aufwachsen.

Wenn Sie zustimmen, reichen Sie diese Forderungen bitte im Bekanntenkreis weiter. Es ist die öffentliche Meinung, die Bewegung bringen kann. Haben Sie herzlichen Dank!